Schwerhörige auf Reisen, nützliche Tipps für unterwegs

Hearing Health & Technology Matters
November 13, 2012

Gael Hannan is the Editor of The Better Hearing Consumer @ HHTM
English-language version – A HoH On The Road: Hearing Loss Travel Tips
Translated into German by Birgit Meyer, a member of the European Federation of Hard of Hearing People (EFHOH).

Schwerhörige auf Reisen, nützliche Tipps für unterwegs

Kann es sein, dass Deine Schwerhörigkeit Dich davon abhält zu reisen, aus Angst vor möglichen Problemen unterwegs?

Vergiss die Sorgen – Kommunikationsprobleme gibt es überall – zu Hause ODER unterwegs.

Wohlgemerkt, einige Situationen sind tatsächlich herausfordernder als andere. Hier ist meine persönliche schlimmste Erfahrung in Sachen Reisen mit Hörschädigung als 20 jährige im Norden Australiens.

Die Nacht von Heilig Abend zum ersten Weihnachtstag verbrachte ich damals zusammengedrängt mit Freunden im Korridor unseres tropischen Darwin Hauses, während draußen ein Wirbelsturm tobte. Das Gebrüll des Sturms war ohrenbetäubend und die Wände des Hauses bebten unter der Gewalt. Als das Dach losgerissen wurde, war ich sicher, dass mein letztes Stündchen geschlagen hatte. Aber nach etlichen Stunden zog der Sturm weiter und hinterließ 70 Tote und eine abgelegene Stadt in Trümmern.

In den folgenden Tagen klebten wir praktisch am Radio, unserer einzige Verbindung zur Außenwelt und Quelle amtlicher Informationen. Weil ich nicht alles verstehen konnte, was gesagt wurde, war ich darauf angewiesen, alles Wichtige von meinen Freunden zu erfahren. Ein paar Tage später, mittlerweile in einem provisorischen Evakuierungslager, wartete ich darauf, zum Flughafen gebracht zu werden. Ich war von meinen Bekannten getrennt worden und hatte schon zweimal meinen Aufruf über Lautsprecher überhört. Endlich, kurz vor der Morgendämmerung schaffte es ein Bekannter bei der Polizei, mich auf einem Transport zum Flughafen  unterzubringen, von wo ich schließlich in Sicherheit geflogen wurde.

Ich liebe das Reisen, obgleich meine Reiseerlebnisse seit meinem  `wunderbaren  Wirbelsturm Abendteuer´ um einiges weniger spektakulär waren. Eine Sache ändert sich jedoch nie. Wohin auch immer ich gehe, meine Schwerhörigkeit kommt mit. Sie ist mein treuester, wenn auch nicht mein liebster, Reisebegleiter. Und Hindernisse, die an jeder Ecke auf mich lauern – beim Taxibestellen, Einchecken im Hotel, beim Bestellen in einem lauten Restaurant oder bei der Unterhaltung mit Menschen, deren Mundbild ich in der mir fremden Sprache nicht gut lesen kann.

Mit der Zeit habe ich jedoch gelernt, die meisten dieser Hindernisse zu überwinden.

Hier sind also ein paar meiner wichtigsten Kommunikationsstrategien, wenn ich auf Reisen bin:

Sich-Zu-Erkennen-geben!

Dies ist eine der wichtigsten Regeln überhaupt, denn wer sie ignoriert, begibt sich wissentlich in Gefahr. Wenn Du den Leuten nicht klar machst, dass Du schwerhörig bist, darfst Du Dich nicht wundern, wenn Deine Wünsche nicht erfüllt werden und hast auch kein Recht, Dich über schlechten oder unzureichenden Service zu beschweren. Gegenteilig zur landläufigen Meinung können die meisten Hörenden, und auch die Leute in der Tourismusbranche, nämlich NICHT Gedanken lesen.

Melde Deine Bedürfnisse klar und deutlich an.

(ja, ja, ich kann Dich schon stöhnen hören, warum ich immer wieder darauf herumreiten muss. Aber diese Regel kann eben nicht oft genug wiederholt werden)

Wenn Du nur sagst: Ich bin schwerhörig und nichts weiter, kann es durchaus sein, dass der Hotelangestellte bei sich denkt, nun, aha, danke für die Info und die Sache dann wieder vergisst. Weise ganz gezielt darauf hin, was Du benötigst. Untertitel oder ein vergrößertes Schriftbild etc. Anbieter nennen diesen Service häufig ´spezielle Bedürfnisse´, ein Ausdruck, der mich wahnsinnig macht. Gute kommunikative Fertigkeit, das Bereitstellen von unterschiedlichen Schriftgrößen in Untertitelung und in gedruckten Mitteilungen sind nicht spezielle Bedürfnisse, sondern grundlegender Bedarf eines großen Teils der heutigen Gesellschaft.

Gib im voraus Bescheid, dass Du kommst.

Wenn ich meine Reservierung für Hotel, Flugzeug oder Zug online buche, kreuze ich jedes Mal das Kästchen für Schwerhörig oder Gehörlos an in dem Abschnitt für besondere Bedürfnisse (seufz). Das kann, muss aber nicht zwingend für besseren Service sorgen. Manchmal ist auch auf der Bordkarte im Flugzeug GEHÖRLOS  oder SCHWERHÖRIG angekreuzt, manchmal nicht. Wenn es angekreuzt ist, oder wenn Du Dich selbst als schwerhörig oder taub zu erkennen gibst, ist es wiederum möglich, dass der oder die Angestellte mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck reagiert, im Sinne von, ´Oh mein Gott, wie soll ich denn nur mit dieser tauben Person sprechen? In dem Fall… einfach lächeln und warten, was passiert.

Manchmal darf man zusammen mit Familien mit Kleinkindern und kranken Passagieren als erste ins Flugzeug steigen. Ich habe auch schon gehört, dass einige GL/SH in der erste Klasse untergebracht wurden, auch wenn mir nicht so recht einleuchten will, was das mit der Hörschädigung zu tun hat, es sei denn, die Flugbegleiter in der ersten Klasse sprechen deutlicher.

Oder man wird in der Lounge platziert und sie winken Dir zu, wenn Du an der Reihe bist, ins Flugzeug zu gehen. In einem solchen Fall, wenn ich nichts anderes zu tun habe oder mich ein wenig angriffslustig fühle, setze ich mich in die Nähe des Schalters und starre das Personal an, unerbittlich und  ohne mit der Wimper zu zucken, in der Hoffnung, sie so zum Winken zu bringen. Im besten Fall werden sie so nervös, dass sie mich früher zum Einsteigen aufgefordern.

Super Idee: Fluglinien könnten den Fluggästen Unruhe und dem Personal Stress ersparen, indem sie signalisieren, welche Sitzreihe mit dem Einsteigen an der Reihe ist.

Egal, wie du es anstellst, dein Ziel ist es,  IN DEINEM FLIEGER ZU SITZEN, WENN ER ABHEBT. Ich habe einmal beinahe meinen Flug verpasst, weil ich im Flughafen herumlief, die Zeit vergessen hatte und meinen Aufruf über Lautsprecher nicht hörte. Seitdem finde ich mich immer sehr früh am Schalter ein.

Hotels sollten ein sicherer Hafen sein.

Letzte Woche bin ich nach Rochester gereist, wo ich einen Vortrag beim Ortsverband des HLAA (Hearing Loss Association of America) halten sollte. Ich hatte mein Hotel online gebucht, darauf hingewiesen, dass ich schwerhörig bin und bekam daher das ADA (Americans with Disabilities Act) Zimmer zugewiesen. Es war RIESIG, ausgestattet für praktisch jede Art von Behinderung, Griffstangen an den Wänden, extrahohes Bett und Toilette und viel Platz, um einen Rollstuhl zu manövrieren. Die Untertitelung des überdimensionalen Fernseher war großartig, auch wenn die Fernbedienung keinen CC Knopf hatte und ich eine Weile herumsuchen musste, um die Untertitelung zu finden. Ebenfalls nicht ganz optimal war das Telefon: Das Klingeln/Blitzen hätte lauter/heller sein dürfen.

Wie bei jedem Check-in hatte ich das Hotelpersonal darauf hingewiesen, dass ich schwerhörig bin und sie gebeten, bei einer eher unwahrscheinlichen nächtlichen Katastrophe bitte den stärksten Feuerwehrmann zu schicken, um meine Tür aufzubrechen, mich zu schnappen und in Sicherheit zu bringen.

Anmerkung: Wenn ich mit meinem Ehemann reise, brauche ich trotzdem alle oben erwähnten Zugangsmöglichkeiten – außer was den Feuerwehrmann betrifft. In dem Fall würde ich nämlich zwei davon brauchen, den zweiten, um meinen Ehemann in Sicherheit zu bringen.

Schlusswort:

Spezielle Kommunikationsbedürfnisse schon im voraus anzumelden, führt dazu, dass eine Reise reibungsloser verläuft. Ich konnte mich damals nicht auf einen Wirbelsturm vorbereiten. Aber seitdem hat sich die Notfallvorsorge stark verbessert – besonders als Nachwirkung von Hurricane Katrina. Von kleineren Pannen wie dieser abgesehen ist das Reisen eine der Freuden des Lebens, also packt Eure Taschen und tretet ein paar Barrieren nieder.

 

Birgit MeyerBirgit Meyer is a late-deafened German integration counselor who gave up a career in linguistics because of her profound hearing loss. She has been a cochlear implant user for over 10 years and is an advocate for European people who are hard of hearing and deaf. This is Birgit’s first translation of one of Gael Hannan’s blogs. While many German people are fluent in English, Birgit wants to convey the nuances of the Better Hearing Consumer blogs that address issues of universal concern to people with hearing loss.

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